Kommt die Putenmast doch?

Lange gab es nichts Neues und viele im Dorf dachten, die Sache ist vom Tisch.

Jetzt hat die Baubehörde uns wissen lassen, dass sie der Putenmastanlage doch zustimmen will. Sie hat die Gemeinde gefragt, ob sie zustimmt. Aber Reitwein bleibt bei seinem Nein. Das haben die Mitglieder der Gemeindevertretung einstimmig entschieden und eine Stellungnahme geschrieben.

Darin sind einige Gründe angeführt: Die Anlage ist so nah am Dorf, dass sie die Gesundheit besonders der nächsten Anwohner gefährdet und auch die touristische Entwicklung. In den Gutachten steht, dass der Mist gleich weggeschafft wird. Dabei wurde im letzten Jahr sogar der Hühnermist aus anderen Anlagen bei uns abgelagert. Und außerdem: Bauen dürfen dort nur Bauern. Aber am Ende wird es wohl ein Industriebetrieb sein von außerhalb.

Das Bauamt hätte uns in den letzten drei Jahren, in denen es nur mit der Antragsseite geredet hat, anhören müssen. Hat es nicht getan.
Jetzt müssen sie entscheiden, ob sie unser Nein überstimmen und trotzdem genehmigen. Dann bliebe noch der Widerspruch und am Ende nur das Gericht. In Golzow gab’s da einen ersten Teilerfolg, aber das kann dauern und teuer werden.

Hier erklärt unser Bauausschussvorsitzender uns die Angelegenheit. Weiter unten dann die offizielle Stellungnahme, für alle, die es genau wissen wollen:


Zur Umnutzung der ehemaligen Rinderanlage zur Putenmast in Reitwein steht vor der Entscheidung:

Die Gemeinde Reitwein wurde erneut vom Landkreis Märkisch-Oderland, – Untere Bauaufsichtbehörde –  aufgefordert, zur Umnutzung der ehemaligen Rinderanlage zur Putenmast in Reitwein eine Stellungnahme abzugeben.  Die Gemeinde Reitwein hatte den Bauantrag der Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH aus dem Jahr 2016 nicht befürwortet und durch Beschluss vom 16.02.2017 das gemeindliche Einvernehmen u.a. auch deshalb versagt, weil die Bauantragsunterlagen nicht vollständig waren.  Nach Nachreichungen von weiteren Unterlagen und Einholung von Gutachten und Stellungnahmen der am Bauantrag beteiligten Behörden kommt die Untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Märkisch-Oderland in einem Schreiben vom 02.03.2020 zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die planungsrechtliche Zulässigkeit für das beantragte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 BauGB gegeben ist. Die Gemeinde Reitwein wurde aufgefordert, die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens zu überdenken und hierzu eine Stellungnahme abzugeben.

Diese Stellungnahme ist durch die Gemeinde Reitwein erfolgt. Die Gemeindevertreter der Gemeinde Reitwein sind einstimmung bei der Versagung des gemeindlichen Einverständnisses verblieben und haben die Gründe in einer 16 Seiten umfassenden Stellungnahme dargelegt. Gerügt wird insbesondere, dass dem Bauvorhaben öffentliche Interessen der Anwohner der Gemeinde Reitwein entgegenstehen, wie Gesundheitsgefährdung der nächsten Anwohner und  eine Gefährdung der touristischen Entwicklung  des Dorfes. Gerügt wird auch die Durchführung des Verfahrens, weil die Gemeinde Reitwein von der unteren Baubehörde nicht entsprechend § 36 BauGB zum Bauantragsverfahren gehört wurde und dadurch das nach dem Grundgesetz festgeschriebene Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde Reitwein unzulässig tangiert wurde.

Die Untere Baubehörde wurde durch die Gemeindevertretung Reitwein darauf hingewiesen, dass die eingeholten Gutachten zur Bewertung des Bauvorhabens von falschen Voraussetzungen ausgehen.  Aus dem Genehmigungsbescheid für die Hähnchenmastanlage in Golzow ist den Gemeindevertretern bekannt geworden, das der Hähnchenmist aus Golzow während der Sperrzeiten nach der Düngeverordnung auf dem Gelände der Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH in Reitwein gelagert werden soll. Bereits im Jahr 2019 wurde der Putenmist aus der Putenmastanlage aus Alt Tucheband in Reitwein gelagert, wobei es zu Beschwerden von Anwohnern kam. Alle Gutachten gehen bei der Berechnung der Umweltbelastungen davon aus, dass die Anlage in Reitwein so arbeitet, dass der Putenmist bei den Umstallungen umgehend vom Gelände entfernt wird. Diese Annahme ist falsch, da die nächsten Anwohner zusätzlich mit dem Hähnchenmist aus Golzow und gegebenfalls wieder wie im vergangenen Jahr mit dem Putenmist aus Alt Tucheband belastet werden. Diese zusätzlichen Umweltbelastungen sind in keinem Gutachten erwähnt und bewertet worden.

Gerügt wurde auch, dass die geplante Putenmastanlage die Mindestabstände zu den nächsten Anwohnern nicht einhält und es dadurch zu erheblichen Belastungen durch austretende Keime kommen kann. Wir alle machen durch „Corona“ Erfahrungen, die unser Leben und unsere Freiheitsrechte erheblich einschränken. Es ist bekannt, dass Corona- Viren im Tierreich schon vor der Feststellung beim Menschen aufgetreten sind. Bis heute ist wissenschaftlich nicht geklärt, wie die Übertragungswege verlaufen. Teilweise wird vermutet, dass diese Viren auch von Geflügel übertragen werden kann. Auch aus diesem Grunde ist größte Vorsicht bei der Errichtung von Putenmastanlagen in unmittelbarer Nähe eines Dorfes geboten.

Bezweifelt wird von der Gemeinde Reitwein, das es sich bei der geplanten Putenmastanlage um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, was für die Genehmigung Voraussetzung ist. Es wird befürchtet, dass eigentlicher Nutznießer der zukünftigen Anlage ein industrieller Betrieb ist. Anhaltspunkte hierfür wurden in der gemeindlichen Stellungnahme ausgeführt.

Die Gemeinde Reitwein verbleibt bei der Versagung des gemeindlichen Einvernehmnes. Die genauen Gründe können dem Versagungsschreiben (hier als PDF zum Download) entommen werden.

Es bleibt abzuwarten, wie die untere Bauaufsichtsbehörde unsere Stellungnahme bewertet und ob sie tatsächlich das fehlende gemeindliche Einvernehmen ersetzt. Sollte gegen uns entschieden werden, verbleibt ein Widerspruch und bei Anordnung der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht Frankfurt / Oder.

Johannes gr. Darrelmann

Vorsitzender des Bauausschusses der Gemeinde Reitwein